Freitag, 11. Januar 2008

Journalisten und Privatblogs

Btw: Anscheinend geistert in den Köpfen mancher Leute die Vorstellung von in ihrer Freizeit bloggenden Journalisten herum. Also von Journalisten, die sich einerseits als solche offen zu erkennen geben, und andererseits im Internet in Blogs ihre "ganz persönliche" Meinung zum besten geben.

Nun, so was mag es geben. Fragt sich, wie häufig. Die meisten von uns sind nicht scharf darauf, auch noch ihre Freizeit mit ihrer Arbeit zu verbringen. Warum sollte das bei Journalisten anders sein? Darüber hinaus sollen selbst Journalisten Familien und ein Leben jenseits der Medienwelt haben. Wann und warum sollten sie also bloggen?

Ein mögliches Szenario wäre, dass ein freiberuflicher Journalist mit einem Blog potenzielle Auftraggeber für sich interessieren will. Dafür würde es sich lohnen, sowohl Freizeit zu opfern als auch Zeit und Arbeit zu investieren. Wenn besagter Journalist nämlich viele Leser auf sein Blog zieht, kann er damit rechnen, neben Werbe- auch Angebote von Zeitungen zu bekommen. Die Frage dabei ist, ob eine Zeitung ihm anbieten würde, auf ihrer Site zu schreiben, oder ob sie nicht eher Aufträge für Artikel in seinem bereits erfolgreichen Blog vergeben würde. Auf diese Weise könnte die Zeitung den Blog ohne Risiko für sich nutzen. Wenn das gut klappt - d.h. ohne dass die Leser weg bleiben -, kann sie den Blog auch kaufen oder den Journalisten auf einer Art Projektstelle oder fest anstellen.

So weit das Szenario.

Dabei fällt auf, dass der "in seiner Freizeit bloggende" Journalist von Anfang an genau nicht seine private Meinung zum besten gibt. Er schreibt vielmehr anfangs so, dass er einerseits viele Leser, andererseits eine Zielgruppe von potenziellen Auftraggebern für sich interessiert. Dabei kann man zwar auch seine Meinung einbringen. Aber wichtiger als diese ist eine zielgruppengerechte Themenauswahl und Art zu schreiben sowie Engagement in den Social Networks der Blogosphäre. Sonst wäre diese Art des Kundenfangs wenig erfolgreich. Später, wenn er dafür Geld von Auftrag- oder Arbeitgebern bekommt, schreibt der Journalist natürlich auch nicht, was er sich privat vielleicht denken mag. Es sei denn, er denkt brav das, was seine Geldgeber von ihm erwarten. In allen anderen Fällen gilt die Devise, die meine Oma einmal so beschrieben hat: "Wes Brot ich ess', des Lied ich sing'." Ins Neudeutsche übertragen bedeutet das, er tut, wofür er bezahlt wird: Artikel schreiben, die inhaltlich und formal zu den übrigen Publikationen des Geldgebers und zu seiner Zielgruppe passen.

Ein Journalist schreibt, wenn man diesem Szenario folgt, nur in Ausnahmefällen einen Privatblog in dem Sinne, dass er lediglich seine private Meinung zum Ausdruck bringen möchte, und nichts sonst. In der Regel - und vor allem, wenn er dafür bezahlt wird - schreibt er Auftragsarbeiten oder führt einen nicht offen als solches gekennzeichneten Ableger seines Geldgebers.

Das kann er übrigens im Einzelfall durchaus kompetent und erfolgreich tun. Man sollte sich allerdings nicht vormachen, das Ergebnis wäre etwas anderes als irgend eine andere Mediensite.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Yop, darüber habe ich so noch nicht nachgedacht, aber es klingt logisch, dass diese Blogs von Anfang an berechnend geschrieben würden

Die Große Vorsitzende hat gesagt…

Ich kann's mir zumindest nur schwer anders vorstellen.