Samstag, 15. Dezember 2007

Boxenluder

In einem Institut, in dem ich mal gearbeitet habe, gab es auch so ein Boxenluder: Eine Tante, die sich als menschlicher Trichter vor der Tür des Profs installiert hatte. Sie verstand es, allen einzureden, ohne ihre Fürsprache könne man leider nicht zu ihm vorgelassen werden. Das wirkte umso besser, als sie stets die unausgesprochene Drohung in der Luft hängen ließ, was wohl mit einem passieren würde, wenn sie sich dem Prof gegenüber zum Gegenteil einer Fürsprache „gezwungen sähe“. Wir saßen alle auf den üblichen unsicheren Unistellen...


und dem Prof schien das Tun und Treiben der Tante ziemlich egal zu sein. Anscheinend amüsierte es ihn. Vielleicht schmeichelte es ihm sogar; die Tante war immerhin noch ziemlich jung, gerade Anfang 30, und er stand kurz vor der Pensionierung. Auf mich wirkte er ein bisschen so, als hätte er seine Sachen innerlich schon eingepackt. Seine Tage verbrachte er abgeschlossen in seinem Büro, wo man ihn, wie uns die Tante einschärfte, keinesfalls stören durfte. Es wagte auch kaum jemand einmal, trotzdem an des Meisters Türe zu klopfen. Es meldete sich ohnehin niemand; wie die Tante uns erklärte, weil er nur auf Termin zu sprechen war – oder vielleicht gerade ein Nickerchen machte. Einzig sein Lieblingsdoktorand, der Betreuer seines Pet Projects, hatte unbegrenzt Zugang zu ihm. Für uns übrige reichte anscheinend als Betreuung ein gelegentliches gemeinsames Mittagessen aus.


Und eben die seltenen Termine auf Vermittlung dieser Tante. Natürlich musste man sie vorher davon überzeugen, dass man dem Prof auch wirklich Wichtiges mitzuteilen hatte. Am besten, man legte ihr ein Forschungskonzept vor. Das ließ sie einen dann noch ein paar Mal überarbeiten, bis es für den Prof gut genug war. Natürlich wäre es reine Bosheit, zu behaupten, dass sie uns praktisch Projektanträge schreiben ließ...


Wie gesagt, der Prof schien das alles recht unterhaltsam zu finden. Rückblickend frage ich mich allerdings, ob er das ganze auch dann noch amüsant gefunden hätte, hätte er gewusst, was die Tante weiter über ihn erzählte. Nämlich dass er bis über beide Ohren in sie verliebt sei und sie immer wieder bedränge, ja schon geradezu auf Knien angefleht habe, mit ihm zu schlafen...


Gute Nacht.

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