Donnerstag, 3. Mai 2012

Einkaufen in Deutschland

ist ein zwiespältiges Vergnügen. Auf der einen Seite scheint der Begriff „Dienstleistung“ mit ca. 51.300.000 Suchergebnissen bei Google Hitpotenzial zu haben. In den Innenstädten und Malls eröffnen immer mehr Geschäfte mit Markennamen-Produkten und dem Versprechen, dem Käufer etwas Besonderes anzubieten. Der Satz, "Deutschland ist eine Dienstleistungsgesellschaft" wird von Politikern herunter gebetet wie ein Mantra. Auf der anderen Seite findet der Kunde in deutschen Geschäften nicht selten dieselbe sprichwörtliche Servicewüste vor wie eh und je.
Nehmen wir den „Schlecker“-Markt um die Ecke. Ok, das Unternehmen ist insolvent und eine Transfergesellschaft für die Mitarbeiter ist nicht zustande gekommen, weil die Bundesländer sich nicht einigen konnten. Einige meinen, das läge auch daran, dass die betroffenen Mitarbeiter weiblich sind, und hätte anders ausgesehen, wenn es um Männer gegangen wäre. Sei dem, wie es sei: Der „Schlecker“ um die Ecke ist nicht geschlossen worden. Die üblichen zwei bis drei Mitarbeiterinnen räumen eher halbherzig das Sortiment um, während sie sich lauthals quer durch den Laden unterhalten. In sechs Wochen haben sie vielleicht die Hälfte des Geschäfts umgeräumt. Komischerweise sieht alles mehr oder weniger so aus, wie vorher. Und auch die Behandlung, die einem Kunden dort zuteil wird, ist unverändert: 
Wenn man an der Kasse steht, kommt irgendwann eine Mitarbeiterin. Während sie die Waren eingibt, hat sie nur Augen für die Kasse. Wenn sie den zu zahlenden Betrag nennt, sieht sie einen nicht an. Sie nimmt mit spitzen Fingern das Geld, das man ihr hinreicht und sieht einen auch nicht an, wenn sie das Wechselgeld heraus gibt. Während sie aus dem Handgelenk den Kassenbon auf das Band wirft, sucht ihr Blick bereits wieder die Kollegin, um ihr etwas zuzubölken, noch während man dabei ist, Wechselgeld und Bon einzustecken. Zu keinem Zeitpunkt bequemt sie sich zu einem Lächeln, und das, obwohl die Anspannung, die um den 24. März herum im Laden herrschte, sichtbar von ihr und ihren Kolleginnen abgefallen ist. Vielleicht zu sehr. Denn diese Behandlung ist einer der Gründe, warum ich bei "Schlecker" höchstens zweimal im Jahr einkaufe.
Keine Frage: Der Beruf einer Verkäuferin ist schwer und gerade „Schlecker“ war nie dafür bekannt, ein besonders angenehmer Arbeitgeber zu sein. Auf der anderen Seite haben Discounter wie „Aldi“ gewisse Standards eingeführt, wie Kassenkräfte mit Käufern umzugehen haben. Dazu gehört ein wenigstens kurzer Blickkontakt, wenn der Kunde den zu zahlenden Betrag erfährt und ein zweiter, wenn er Geld, EC-Karte und/oder Bon erhält. Echte Profis schaffen sogar ein Lächeln und eine kurze Abschiedsformel. Damit sind sie schon fast wieder bei dem, was bereits die nette Frau mit der Schürze im Tante-Emma-Laden zu Omas Zeiten wusste: Dass Lächeln, Blickkontakt und Freundlichkeit im harten Dienstleistungsgeschäft zur Arbeitskleidung gehören. Auch in Deutschland.
Diese Standards werden mittlerweile (fast) wieder erwartet – zumindest von mir. Es ist ja nun wirklich nicht viel und ich will auch keine Freundschaft für's Leben schließen. Ebenso wenig erwarte ich, dass man mir zu Füßen fällt. Aber wenn ich in einem Laden schon mein Geld ausgeben soll, erwarte ich, wenigstens beim Bezahlen zur Kenntnis genommen und freundlich behandelt zu werden. Sonst gehe ich in Zukunft woanders hin. Es gibt schließlich immer einen Konkurrenzanbieter. Auch in Deutschland.

2 Kommentare:

Ray Gratzner hat gesagt…

Liebe Große Vorsitzende,

es gibt so viele Einkaufsmöglichkeiten in Deutschland, da möchte man als Kunde, wenn man einkaufen geht, etwas Angenehmes erleben. Unfreundliches Personal mag man einmal erleben und jeder Verkäufer kann sich geben, wie er will, dies ist ein freies Land. Aber ich persönlich gehe nicht mehr dort einkaufen, wo es mir nicht gefällt. Wenn alle das so machen, dann bleiben keine unfreundlichen Einkaufsorte übrig...

Liebe Grüße Rainer

Die Große Vorsitzende hat gesagt…

Ja, letzten Endes entscheidet der Kunde. Zumindest gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass die "Servicewüste Deutschland" irgendwann doch noch einmal kundenfreundlicher wird. LG,