Samstag, 29. Dezember 2007

Danke, liebe Klabusterbärchen

für den Traffic, den Ihr auf meiner Site generiert habt. Wer hätte gedacht, dass ein wenig freie Meinungsäußerung solche Auswirkungen hat?


Wer das Erfolgsmodell auch ausprobieren will: Hier ist die Gebrauchsanweisung:


  1. Gehen Sie auf die Webseite des Online-“Satire“-Magazins „Klabusterbeere“ und scrollen Sie ganz nach unten. Klicken Sie auf „Impressum“ und meditieren Sie, wenn Sie wollen, über österreichische Meinungsmacher.

  2. Kehren Sie auf die vorherige Seite zurück und und sehen Sie sich die Beiträge im Blog an. Etwas zu finden, was einem nicht gefällt, ist nicht weiter schwer.

  3. Kommentieren Sie den entsprechenden Beitrag. Dazu ist nicht viel mehr nötig als: „Das gefällt mir nicht“ oder „Das finde ich nicht komisch“. Vergessen Sie nicht, ihre Website anzugeben.

  4. Schalten Sie auf Ihrer Website bei den Kommentaren die Moderationsfunktion ein und sorgen Sie dafür, dass Kommentatoren ihre Mailadresse angeben müssen. Sie wollen schließlich nicht, dass man Sie zuspammt.

  5. Lassen Sie sich nicht provozieren oder in eine Opfer-Rolle drängen. Seien Sie sich bewusst, dass alles, was die „Klabusterbeere“-Redakteure schreiben, nur dazu dient, Traffic auf deren Site zu schaufeln. Dafür werden sie schließlich bezahlt.

  6. Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie die Show.


Wem das nicht liegt, der kann sich auch an Kurt Tucholsky halten: "Mein Leben ist mir zu kostbar, mich unter einen Apfelbaum zu stellen und ihn zu bitten, Birnen zu produzieren." Wozu auch.

Freitag, 28. Dezember 2007

et in arcadia ego

Man sagt, dass sich die Welt verändert habe. Als hätten sie alles erreicht, halten die Menschen nun nicht mehr zusammen. Habgier und Egoismus kennen keine Grenzen mehr. Nicht nur unter Freunden, sondern auch unter Familienmitgliedern ist das Geld der wichtigste Maßstab. Was werden sie tun, wenn sie eines Tages verarmen oder ihren Lebensunterhalt verlieren? Irgendwann werden sie noch bittere Erfahrungen machen müssen. Die Masse, die sich mit der Realität abgefunden hat, die jungen Leute, die nur noch Spaß haben wollen, die Politik, in der man es mit Heuchelei und Opportunismus am schnellsten zu etwas bringt, die offensichtliche Manipulation und Verfälschung der öffentlichen Meinung. Geistige Freiheit interessiert hier niemanden mehr.


Hwang Sok-yong


Dienstag, 25. Dezember 2007

Wir, die und die Moral

Das UNICEF Foto des Jahres zeigt nach Angaben der Fotografin ein Brautpaar in Afghanistan. Der Mann sei vierzig, das Mädchen 11, heisst es auf der Webseite von UNICEF. Eine Kinderheirat also.


Kinderehen gab es auch in der europäischen Geschichte, z.B. im Mittelalter. Sie wurden aus politischen und wirtschaftlichen Gründen geschlossen: Um mittels der Kinder über Geld oder Land zu verfügen oder um Bündnisse zwischen Familien zu besiegeln. Darüber hinaus meinte man, eine frühe Heirat sei ein gutes Mittel, um sexuelle Beziehungen außerhalb der Ehe zu verhindern. Sie dienten also auch der – christlichen - „Moral“.


Es dauerte lange, bis man Kinder als etwas anderes als „kleine Erwachsene“ wahrzunehmen anfing und begann, ihre Entwicklung als etwas vom Erwachsensein Getrenntes anzusehen. Noch bis Ende des 19. Jahrhundert wurden Kinder im Strafrecht und bei der Industriearbeit zum Teil wie Erwachsene behandelt. Und als in unserem gepriesenen Deutschland schließlich Mindeststandards zum Schutz von (Frauen und) Kindern eingeführt wurden, geschah dies nicht aus Menschenliebe. Sie wurden vielmehr geschaffen, weil die Auswirkungen der früh-kapitalistischen Produktionsverhältnisse auf die Gesundheit der Bevölkerung die damals Herrschenden befürchten ließen, in absehbarer Zeit nicht mehr genug taugliche Soldaten für ihre Kriege zur Verfügung zu haben. Es ging also allein um die Verwendbarkeit von Menschen“material“ als Kanonenfutter. Mit Moral hatte das nichts zu tun1.


Warum setzen sich also heute Leute wie Leon de Winter oder die „Spürnasen“ von „PI“ auf das hohe Ross der Moral – gerade so, als hätten sie unsere Regelungen zum Schutz von Kindern unter Hinweis auf christliche oder ethische Standards erkämpft? Weil es sich so gut anhört? Oder vielleicht, weil's gerade so gut in das politische Klima passt?


Noch heute können in den USA in manchen Bundesstaaten 13jährige und jüngere Mädchen heiraten, wenn sie schwanger sind, ihre Eltern es erlauben und/oder ein Gericht zustimmt2. Die Auswirkungen so einer frühen Heirat auf Gesundheit, Bildung etc. dürften bei amerikanischen Mädchen ähnlich sein wie bei Mädchen anderer Länder. Seltsamerweise lese ich nirgendwo Proteste dagegen. Das wohlmeinende Papier der Organisation PLAN erwähnt die USA nicht einmal3 Wie will man solche Doppelstandards verständlich machen? Warum ist eine Kinderheirat in Afghanistan etwas Schlimmeres als in den USA? Hängt es vielleicht damit zusammen, dass sich die USA als christliche Nation verstehen? Ist es das: Immer noch der alte Kreuzzug gegen den Islam?


Oder sehen wir hier das Wirken einer neo-kolonialen „white man's burden“*: Die überlegene christlich-“westliche“ Welt fühlt sich verpflichtet, den rückständigen Moslems Ethik zu predigen? Was ist denn auf dem Foto überhaupt zu sehen? Ich sehe da nur einen älteren Mann und ein Mädchen. Die ganze Aufregung um dieses Foto basiert auf den Vorstellungen, die „westliche“ Betrachter in diese einfache Aufnahmen hinein projizieren. Die Frage ist, ob das die einzige Deutung ist, die man diesem Foto geben kann. Ich zum Beispiel habe mich gefragt, warum diese Leute überhaupt zugelassen haben, dass man sie fotografiert. Und was sie wohl über die Interpretation dieses Fotos durch „westliche“ Betrachter denken mögen. Vielleicht bestätigt eben diese Interpretation sie in ihrer Überzeugung, „Westler“ würden nur an Sex denken?


In unserer Gesellschaft sind Kinderheiraten heutzutage nicht mehr akzeptabel. Das sollte uns aber nicht vergessen lassen, dass es einige Jahrhunderte gedauert hat, bis wir bei diesem Standpunkt angekommen waren. Und dass wir nur deswegen bei ihm angekommen sind, weil es sich für uns (und unsere Herrschenden) gelohnt hat, unsere früheren Sichtweisen und Bräuche in Bezug auf Kinder zu ändern.


Wenn wir wollen, dass andere ihre Traditionen, z.B. die der Kinderheirat, ändern, ihre Vorstellungen also unseren anpassen, dann sollten wir uns überlegen, welchen Gegen-Wert wir ihnen dafür anbieten können. Und damit meine ich nicht Wirtschafts“hilfe“ oder Waffen.



*) Die Redewendung „white man's burden“ geht auf ein Gedicht von Rudyard Kipling (dem Autor des „Dschungelbuch“s) von 1899 zurück4. Der Zeitpunkt ist wichtig: Er liegt mitten in der Hochphase des Imperialismus, die man als „Scramble for Africa“ bezeichnet5. Entsprechend wird das Gedicht von Kipling oft so interpretiert, als wäre es die Pflicht des „weißen Mannes“, über Menschen anderer Ethnien und Kulturen zu herrschen und so ihre „kulturelle Entwicklung“ voranzutreiben, bis sie, durch vollständige Übernahme der westlichen Kultur, ihren Platz unter den „Zivilisierten“ einnehmen könnten.


Freitag, 21. Dezember 2007

Attentat in Pakistan

Gleich zwei Nachrichten widmet die Webseite des „Ersten“ heute einem Bombenattentat in einer Moschee im Nordwesten Pakistans1,2. Noch ein bisschen mehr und man könnte fast glauben, es ginge um die Menschen, die dabei verletzt wurden. Aber wenn man sich die Meldungen durchliest, erfährt man nicht einmal Näheres über deren Anzahl.


Statt dessen werden wir gleich doppelt darüber informiert, dass der Anschlag dem ehemaligen pakistanischen Innenminister Aftab Ahmed Sherpao gegolten habe. Nur kurz wird erwähnt, er sei während seiner Amtszeit „mit Sicherheitskräften auch gegen Extremisten in den Grenzprovinzen zu Afghanistan vorgegangen“1 Ebenfalls nur kurz erwähnt wird, dass „In Pakistan [...] seit dem Sommer die Gewalt“ zunimmt1. Wer wissen will, warum, muss sich schon selbst bemühen.


Im Sommer wurde die Rote Moschee in der pakistanischen Stadt Islamabad von der Armee gestürmt. Dabei kam der Geistliche der Moschee und eine unbekannte Anzahl Menschen ums Leben3. Wie seit dem 11. September üblich, wurde die Aktion als Vorgehen gegen „Islamisten“ und „Terroristen“ erklärt. Was ein Massaker dabei helfen soll, blieb unerklärt.


Das Ziel des aktuellen Attentats, Aftab Ahmad Khan Sherpao4, war zur Zeit der Erstürmung der Roten Moschee Innenminister. Er scheint sich in dieser Funktion nicht beliebt gemacht zu haben, denn es hatte schon vor der Aktion wenigstens ein gegen ihn gerichtetes Attentat gegeben. Aber auch hier lohnt es sich, noch andere Quellen heran zu ziehen, als die Berichterstattung in der Presse.


1998 veröffentlichte der schottische Schriftsteller William Dalrymple ein Buch mit Artikeln über seine Reisen auf dem indischen Subkontinent. Das Buch hat den Titel „The Age of Kali“ und ist äußerst lesenswert. Nicht nur, aber auch, weil es einige Artikel über Pakistan enthält.


Dalrymple zufolge hat Politik in Pakistan in mancherlei Hinsicht mehr Ähnlichkeit mit Bandenkriegen als mit „Demokratie“. Gewalt und Korruption sind Teil des Systems – ebenso wie Attentate auf politische Gegner5. Dazu musste nicht erst ein „Krieg gegen den Terrorismus“ ausgerufen werden. Das war auch vorher schon so.


Nur die Berichterstattung hat sich geändert. Seit dem 11. September ist alles „Krieg gegen den Terrorismus“. Auch die beiden Artikel auf der Tagesschau-Website widmen sich der Herstellung eines entsprechenden Zusammenhangs. Natürlich: Terrorism sells. Was dabei auf der Strecke bleibt, ist eine Berichterstattung, die auch auf Charakteristika des Landes und politische Zusammenhänge eingeht.


Darf's nicht ein wenig genauer sein?

Es muss ja nicht im Artikel selbst sein, aber ein Link zu etwas anderem als ähnlich oberflächliche Artikel und ein paar Stichworte Landeskunde wäre schon nett. Vielleicht zu etwas, was gründlichere Recherchen erkennen lässt?

Das wäre wirklich schön.



1 http://www.tagesschau.de/ausland/pakistan278.html
2 http://www.tagesschau.de/ausland/meldung13192.html
3 http://www.tagesschau.de/ausland/pakistan268.html
4 http://www.khyber.org/people/pol/AftabAhmadKhanSherpao.shtml
5 The Age of Kali

Donnerstag, 20. Dezember 2007

Zahlreiche Muslime gewaltbereit?

Jetzt wissen wir's endlich: 40% unserer hiesigen Muslime sind "fundamental orientiert [...] mit klaren religiösen Orientierungsmustern und Moralvorstellungen. "

So jedenfalls berichtet es Tagesschau.de unter Berufung auf die „Frankfurter Rundschau“, und FR-online.de unter Berufung auf eine vom Bundesinnenministerium vorgelegte Studie. Dieser Studie zufolge wird außerdem eine „kleine Gruppe von sechs Prozent als "gewaltaffin" eingestuft. Immerhin 14 Prozent der“ in der Studie „Befragten, von denen knapp 40 Prozent einen deutschen Pass hatten, standen mit der Rechtsstaatlichkeit auf Kriegsfuß und zeigte problematische Distanz zur Demokratie. Glaubt man der Erhebung, dann identifizieren sich zwölf Prozent der Muslime in Deutschland mit einer stark religiös-moralischen Kritik an westlichen Gesellschaften, kombiniert mit der Befürwortung von Körperstrafen bis hin zur Todesstrafe.“ Zudem sei „Immerhin ein Viertel der angehenden muslimischen Studenten [...] "zumindest latent radikalisierungsgefährdet".

(Quellen: http://www.tagesschau.de/inland/gewaltbereitschaft2.html; http://www.fr-online.de/top_news/?sid=d702fd3080a0e384c54bc3c64ddf1e52&em_cnt=1261116)


So weit das, was FR-online.de von der immerhin 515 Seiten umfassenden Studie des Instituts für Kriminalwissenschaften, Abteilung Kriminologie, der Universität Hamburg übrig lässt. Warum ausgerechnet Kriminologen, müsste man den damaligen Innenminister Schily fragen, der die Studie 2004 in Auftrag gegeben hat. Jedenfalls werden in ihr mit Hilfe von Befragungen und qualitativen Interviews unter anderem Diskriminierungs-Erfahrungen, Religiosität, "Einstellungen zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz" sowie Einstellungen zu politisch-religiös motivierter Gewalt erhoben.


Befragt wurden dafür

  • knapp 1.000 muslimische Bürger; per Telefoninterview,
  • knapp 500 Schüler der 9. und 10. Schulstufe in Augsburg, Berlin und Köln; per Fragebogen im Klassenverband,
  • 195 Studenten in Augsburg, Berlin, Hamburg und Köln; per Fragebogen, der vom Studentensekretariat der jeweiligen Uni verschickt wurde,
  • 60 Männer aus dem Umfeld muslimischer Organisationen und Vereine; per qualitativem Interview.

Dabei ist zu beachten:

  • Die Befragung der Schüler fand im Klassenverband statt, Muslime und Nicht-Muslime zusammen. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass in einem Klassenverband sozialer Druck ausgeübt wird. Darüber hinaus haben die Schüler vermutlich Überlegungen angestellt, was der Untersucher von ihnen erwartet. Einflüsse der Untersuchungssituation und des Untersuchers auf die Befragungsergebnisse (Stichwort Soziale Erwünschtheit*) wurden jedoch bei der Auswertung nicht berücksichtigt.
  • Bei den Studenten betrug die Rücklaufquote nur 27,7%, d.h. von 100 verschickten Fragebögen kamen im Schnitt nur knapp 28 wieder. Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man die Ergebnisse betrachtet. Über das, was die anderen immerhin 72,3% zu sagen gehabt hätten, kann man nur spekulieren.
  • Analog lag bei den telefonisch befragten Bürger die Quote derjenigen, mit denen ein vollständiges Interview geführt werden konnte, bei 34,8%.

Und nun zurück zum Anfang.


Ich finde den Ausdruck „fundamental orientiert“ ziemlich unglücklich. „Fundamental“ ist nur ein Hilfsverb; allein bedeutet es nichts und es enthält auch keine Wertung. Was ist also mit fundamental gemeint? Fundamental schön? Fundamental hungrig? Fundamental gelb?


Die Autoren der Studie meinen damit natürlich etwas Bestimmtes, nämlich einen statistischen Faktor, den sie aus den Antworten auf vier ihrer Fragen errechnet haben. Die Leser FR-online.de erfahren darüber allerdings nichts. Sie lesen nur „fundamental orientiert“ - und interpretieren das allein aufgrund der Ähnlichkeit der Wörter womöglich als „fundamentalistisch“.


Wie steht es nun mit den Zahlen?


Die in der auf FR-online.de erwähnten 40% „fundamental Orientierter“ finden sich bei den Bürgern und Schülern, nicht aber z.B. bei den Studenten. Das mag ein Bildungseffekt sein, kann aber auch mit der Befragungssituation zusammenhängen. Die Schüler wurden in ihrer Klasse befragt, vielleicht während sie neben ihren Freunden saßen. Ebenso befanden sich in der Nähe der telefonisch befragten Bürger womöglich Familienangehörige. In einer Studie wie dieser sollte man derartige Einflussfaktoren einkalkulieren; ebenso wie den Einfluss, den die Befragung selbst auf die Antworten hat.

Immerhin wird hier nach Einstellungen gefragt. Einstellungen sind kein sehr stabiler Untersuchungsgegenstand. Wenn man dieselbe Person mehrmals nach ihren Einstellungen fragt, womöglich noch durch verschiedene Untersucher, bekommt man wahrscheinlich verschiedene Antworten. Hinzu kommt, dass Einstellungen nicht unbedingt handlungsrelevant sind. Soll heißen: Man kann eine Einstellung haben, auch darüber reden, vielleicht sogar daran glauben. Ob man in einer bestimmten Situation entsprechend handelt, ist damit noch lange nicht gesagt.

Was haben wir also hier? Bei ca. 40% der befragten muslimischen Bürger und Schüler der 9. und 10. Schulstufe eine „fundamental orientierte“ Einstellung. Das kann man zur Kenntnis nehmen. Darüber kann man auch nachdenken. Wie das einzuorden ist, wird man aber erst herausfinden, wenn man ähnliche Untersuchungen auch an der christlichen Mehrheit durchführt. Die „fundamentale Orientierung“ unserer muslimischen Minderheit existiert schließlich nicht im leeren Raum. Kann man tatsächlich ausschließen, dass ihr ähnlich „fundamentale“ christliche Einstellungen gegenüber stehen?


Die übrigen Zahlen beziehen sich hauptsächliche auf die Teilgruppe der telefonisch befragten Bürger. Unter ihnen

  • ist bei 6% laut Studie ein Potenzial, d.h. eine Möglichkeit zu politisch-religiös motivierten Formen von Gewalt zu erkennen.
  • Zeigte sich bei 12% eine Einstellung der religiös motivierten Aufwertung ihrer eigenen Gruppe und Abwertung der „Anderen“, kombiniert mit einer Befürwortung von Körper- und Todesstrafen entsprechend dem islamischen Recht; letzteres wurde in der Studie als Ausdruck von „Demokratiedistanz“ bewertet.
  • Zeigten 14% „problematische Einstellungsmuster“ in der Form, dass ihre Einstellung zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eher distanziert war bzw. bei ihnen eine hohe Akzeptanz von politisch-religiös motivierter Gewalt“ festgestellt wurde.

Diese Zahlen addieren sich nicht, sondern überschneiden sich; die 12% und 14% sind jeweils zusammenfassende Zahlen, es geht aber zum Teil Verschiedenes in sie ein. Erfragt werden darüber hinaus nur Einstellungen; ob diese seitens der Befragten jemals zu irgend welchen Handlungen führen, ist anhand der Ergebnisse dieser Studie allein nicht abzuschätzen.


Unter den Studenten wiederum sind 24,1%, die einer statistisch berechneten Klasse namens religiös Rigide“ zugeordnet wurden. Diese sehen die Untersucher als „in gewissem Maße islamismusnahe Gruppe, die [...] sich durchaus als stärker radikalisierungsgefährdet erweisen könnte“ als religiös weniger festgelegte Bevölkerungsgruppen. Aber auch das sind nur Einstellungen, kombiniert mit einer Einschätzung der Untersucher - und zwar in Bezug auf eine kleine Gruppe von 47 Personen.


(Quelle der Zahlen und Zitate: Studie)


Die auf gewissen Sites beschworene Gefahr der "Islamisierung" sehe ich vorläufig weder von ihnen noch von den anderen "Risikogruppen" auf uns zurollen. Was mich irritiert, ist die tendenziöse Berichterstattung. Da dichtet man auf FR-online den Untersuchern eine Besorgnis an. Und Tagesschau.de konstruiert aus den anscheinend nur aus zweiter Hand übernommenen Zahlen gleich, dass "zahlreiche Muslime" gewaltbereit wären.


Man kann's auch übertreiben, oder?



*) Soziale Erwünschtheit ist die Tendenz, das eigene Denken und Handeln an sozialen Normen auszurichten. Das kann sich z.B. dahin gehend äußern, dass eine Person bei einer Befragung das erzählt, wovon sie meint, dass der Untersucher es hören will. Oder eine Person beantwortet die Feststellungen in einem Fragebogen über Einstellungen nicht so, wie sie auf sie zutreffen, sondern so, wie es in ihrer sozialen Gruppe „richtig“ ist.

Die Leute wollen es nur richtig machen. Aber für einen Wissenschaftler ist das ein Problem, dass er bei Befragungen einkalkulieren sollte.


Dienstag, 18. Dezember 2007

Street Style

Street style ist im Sinne des Wortes eigentlich kein (Mode-) Stil. Es fehlt das Charakteristikum: Der Ausdruck eines bestimmten Geschmacks, Trends, Lebensstils, einer bestimmten Selbstdarstellung; etwas, das einen Street Style von anderen Street Styles oder Modetrends unterscheidbar macht. Das ist auch kein Wunder. Im Grunde ist das, was als Street Style1 oder – je nach Ort des Geschehens – Tokyo Look2, Tokyo Style3, Tokyo Street Style4, Hel(sinki) Looks5 etc. bezeichnet wird, eine mehr oder weniger beliebige Zusammenstellung von Fotografien junger Leute „auf der Straße“. Abgesehen vom Ort - „der Straße“ - und dem Umstand, dass keiner der Fotografierten über 30 ist, gibt es keinen gemeinsamen Nenner.


Die fotografierten Leute tragen alle möglichen Arten von Kleidung. Manche tragen die Kleidung, die es gerade in den Boutiquen zu kaufen gibt. Andere sind entsprechend einem der aktuellen Jugendtrends gekleidet: Als Gothic oder Sweet Lolita; schwarz im (europäischen) „Gothic Style“; in Retro-Mode, „Military-Wear“, geliehene, geschenkte oder Second Hand Kleidung usw. Trendmischungen sind häufig, vor allem mit Second Hand Kleidung; zum Teil wohl aus Geldmangel. Zum Teil stellen sie jedoch auch Anpassungen an den persönlichen Geschmack dar oder an das, was die Person über sich aussagen will. Insgesamt ist das, was da fotografiert wird, so verschieden wie die Leute, die es tragen.


Es ist aber auch so kreativ und individuell wie die Leute, die diese Kleidung tragen. Das hat zwar „vermarktungstechnisch“ den Nachteil, dass ein gemeinsamer Nenner fehlt. Es ermöglicht aber andererseits, dass Jeder etwas findet, womit er sich identifizieren und worin er sich wohl fühlen kann. Was will man mehr?


Tja, was will man mehr? Was mich an all dem stört, ist der Umstand, dass hier offenbar einige clevere Leute einen Weg gefunden haben, mit wenig Arbeit viel Geld zu verdienen. Anstatt sich z.B. erst mühevoll in der umkämpften Modeszene zu etablieren, gehen sie einfach auf die Straße und fotografieren die Entwürfe von Jugendlichen ab. Darauf pappen sie dann so etwas wie ein Label, stellen die Fotos, möglichst mit Kommentaren der Jugendlichen versehen, ins Internet – und bringen sich als Fotografen des neuesten Trends ins Gespräch. Allein bei Yahoo Suche findet man heute unter dem Schlagwort „Hel Looks“ 230.000 Erwähnungen. Wenn das keine Werbung für die Fotografen Liisa Jokinen and Sampo Karjalainen ist!


Andere generieren Traffic auf ihrer Site, indem sie Besucherinnen auffordern, ihnen Fotos ihrer „Lieblings-Outfits“ im „Street Style“ zu schicken und sie dann veröffentlichen – natürlich unter ihrem Label6. Wieder andere machen ihren Schnitt damit, dass sie die Fotos von Jugendlichen (oder jugendlichen Models) „auf der Straße“ mit den passenden Modegeschäften zusammenbringen7.


Wollen wir nun darüber spekulieren, wie viel von dem damit verdienten Geld bei den Jugendlichen „auf der Straße“ landet?


1http://www.ellegirl.de/fashion_girl/street_style
2 http://www.amazon.de/Tokyo-Look-Book-Spectacular-Sidewalk/dp/4770030614
3http://www.amazon.de/Tokyo-Style-File-Shopping-Guide/dp/477003055X/ref=sr_1_4?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1197979062&sr=1-4
4http://www.amazon.de/Tokyo-Street-Style-Fashion-Harajuku/dp/0500514038/ref=sr_1_5?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1197979062&sr=1-5
5http://www.hel-looks.com/
6http://www.ellegirl.de/fashion_girl/street_style
7http://www.style-arena.jp/index_e.htm

Montag, 17. Dezember 2007

Im Fenster

Das Gefühl springt sie im Flur an, während sie Wäsche trägt. Es legt sich wie ein Stein auf ihre Brust, drückt ihr die Luft ab. Es hat keinen Sinn.

Sie steigt mit der Wäsche die Treppe hoch; räumt sie im Schlafzimmer in den Schrank. Der Stein drückt schmerzhaft auf ihre Bronchien. Er begleitet sie in die Küche, bringt sie dort endgültig zum Stillstand. Sie schafft es noch, den Tee aufzugießen. Dann weiß sie nicht mehr, wozu noch weiter machen. Es hat keinen Sinn.

Das Gefühl folgt ihr ins Wohnzimmer. Erfüllt es mit seiner erstickenden Gegenwart. Alle Farben werden grau. Die Luft wird knapp. Es hat keinen Sinn.

Sie setzt sich und starrt aus dem Fenster, ohne etwas zu sehen.

Samstag, 15. Dezember 2007

Boxenluder

In einem Institut, in dem ich mal gearbeitet habe, gab es auch so ein Boxenluder: Eine Tante, die sich als menschlicher Trichter vor der Tür des Profs installiert hatte. Sie verstand es, allen einzureden, ohne ihre Fürsprache könne man leider nicht zu ihm vorgelassen werden. Das wirkte umso besser, als sie stets die unausgesprochene Drohung in der Luft hängen ließ, was wohl mit einem passieren würde, wenn sie sich dem Prof gegenüber zum Gegenteil einer Fürsprache „gezwungen sähe“. Wir saßen alle auf den üblichen unsicheren Unistellen...


und dem Prof schien das Tun und Treiben der Tante ziemlich egal zu sein. Anscheinend amüsierte es ihn. Vielleicht schmeichelte es ihm sogar; die Tante war immerhin noch ziemlich jung, gerade Anfang 30, und er stand kurz vor der Pensionierung. Auf mich wirkte er ein bisschen so, als hätte er seine Sachen innerlich schon eingepackt. Seine Tage verbrachte er abgeschlossen in seinem Büro, wo man ihn, wie uns die Tante einschärfte, keinesfalls stören durfte. Es wagte auch kaum jemand einmal, trotzdem an des Meisters Türe zu klopfen. Es meldete sich ohnehin niemand; wie die Tante uns erklärte, weil er nur auf Termin zu sprechen war – oder vielleicht gerade ein Nickerchen machte. Einzig sein Lieblingsdoktorand, der Betreuer seines Pet Projects, hatte unbegrenzt Zugang zu ihm. Für uns übrige reichte anscheinend als Betreuung ein gelegentliches gemeinsames Mittagessen aus.


Und eben die seltenen Termine auf Vermittlung dieser Tante. Natürlich musste man sie vorher davon überzeugen, dass man dem Prof auch wirklich Wichtiges mitzuteilen hatte. Am besten, man legte ihr ein Forschungskonzept vor. Das ließ sie einen dann noch ein paar Mal überarbeiten, bis es für den Prof gut genug war. Natürlich wäre es reine Bosheit, zu behaupten, dass sie uns praktisch Projektanträge schreiben ließ...


Wie gesagt, der Prof schien das alles recht unterhaltsam zu finden. Rückblickend frage ich mich allerdings, ob er das ganze auch dann noch amüsant gefunden hätte, hätte er gewusst, was die Tante weiter über ihn erzählte. Nämlich dass er bis über beide Ohren in sie verliebt sei und sie immer wieder bedränge, ja schon geradezu auf Knien angefleht habe, mit ihm zu schlafen...


Gute Nacht.

Freitag, 14. Dezember 2007

Mode V3

Modedesigner scheinen Päderasten zu sein. Warum entwerfen sie sonst Mode, in der allenfalls untergewichtige 12jährige gut aussehen?

Mal ehrlich: Welche erwachsene Frau mit einer normalen Figur sieht in einem Minirock von allen Seiten gut aus? Oder in hohen Stiefeln, kombiniert mit einem Rock oder einer Kniehose; einer Mode, die die Beine optisch verkürzt? Und der lange Schlabberpulli über den Leggins mag zwar die Fettpölsterchen an den Hüften verstecken, aber die an den Beinen sieht man in den hautengen Hosen dafür umso besser.

Nach unserer Mode zu urteilen, scheinen einzig 12jährige Mädchen und junge Männer schön zu sein: Idealerweise groß, langbeinig, mit schmalen Schenkeln und Hüften, kaum Busen und auch sonst keinem Profil nach irgend einer Seite. Alle anderen dürfen sich damit abfinden, in den Klamotten idiotisch auszusehen. Bedanken wir uns dafür bei den Modedesignern!

Wahrscheinlich sind sie eher schwule Päderasten.